Legenden: David Kipiani

David Kipiani sah nicht aus wie ein 29-Jähriger, als er am 13. Mai 1981 den Rasen des Düsseldorfer Rheinstadions betrat. Im Gegenteil, mit seinem dunklen Oberlippenbart und der hohen Stirn hätte der Mann mit dem italienisch klingenden Nachnamen auch glatt als Mittvierziger durchgehen können. Aber spätestens nach dem Anpfiff war jedem klar, dass dieser komplette Offensivspieler noch zu den schnellsten und spritzigsten seines Teams gehörte. In der Sowjetunion war Kipiani schon lange kein Unbekannter mehr, denn in seiner Heimat hatte er sich durch seine technischen Fähigkeiten und seine herausragende Spielübersicht schon längst einen Namen gemacht.

Als 17-Jähriger stieß Kipiani, der am 18. November 1951 in Kutaissi geboren wurde, zu Lokomotivi Tiflis und wechselte zwei Jahre später zum Lokalrivalen Dinamo, bei dem er die restlichen zwölf Jahre seiner Karriere verbringen sollte. Er war maßgeblich daran beteiligt, dass der Verein zu einer treibenden Kraft im sowjetischen Fußball reifte und den großen Klubs aus Moskau und Kiew mehr und mehr Paroli bieten konnte. Seine ganz große Zeit sollte mit der Ankunft von Trainer Nodar Akhalkatsi anbrechen. Zusammen mit Ramaz Šengelia bildete Kipiani ein gefürchtetes Duo, das Dinamo zu den Pokalsiegen 1976 und ’79 sowie zum Titelgewinn in der sowjetischen Meisterschaft 1978 führte. 1977 ließ der Techniker den großen Oleg Blochin hinter sich und wurde zum Spieler des Jahres in der UdSSR gewählt, für deren Nationalmannschaft er 19 Spiele absolvierte und sieben Tore erzielte. In der ersten Liga brachte er es auf 245 Einsätze und 79 Treffer.

Da sich die Sowjetunion in Kipianis großer Zeit nie für ein großes Turnier qualifizierte, blieb er international relativ unbekannt. Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte der Spielgestalter in der Sternstunde des Klubs, als er mit Dinamo 1981 den Cup der Pokalsieger gegen Carl Zeiss Jena gewann. Als er sich aber nur ein Jahr später einen komplizierten Beinbruch zuzog, musste Kipiani seine Fußballschuhe frühzeitig an den Nagel hängen.

Kipiani konnte die Finger nicht vom Fußball lassen. 1984 übernahm er den Trainerposten bei Dinamo, das er mit zwei Unterbrechungen sieben Spielzeiten lang coachte und zu sieben georgischen Meistertiteln sowie vier Pokalsiegen führte. Dazwischen lagen mehrere Stationen im In- und Ausland. So übernahm er 1988 das Kommando bei seinem Stammverein Lokomotivi Tiflis und wagte einen kurzen Abstecher zum zypriotischen Klub Olympiakós oder zu den Russen von Šinnik Jaroslawl, ehe er 1998 zu Torpedo Kutaissi in seine Heimat zurückkehrte.

1997 übernahm der georgische Volksheld Kipiani die georgische Nationalmannschaft, allerdings mit geringem Erfolg. Nach vier Niederlagen in Serie quittierte er im Juni 2001 seinen Dienst. „Jeder Trainer, der vier Spiele hintereinander verliert, sollte sich hinterfragen. Mich hat niemand unter Druck gesetzt, ich gebe mein Amt freiwillig ab“, erklärte der 49-Jährige, dessen Leben nur drei Monate später auf tragische Weise endete.

Am 17. September 2001 prallte David Kipiani mit seinem Wagen nahe der Stadt Tserovani, rund 30 Kilometer nordwestlich von Tiflis, gegen einen Baum. Er hatte am Steuer einen Herzschlag erlitten und verstarb noch vor der Einlieferung in das Krankenhaus. Ihm zu Ehren benannte der georgische Verband den Pokalwettberb um.

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